02 HÄUSER BAUEN - CO2 REDUZIEREN

KLIMASCHUTZ DURCH HAUSBAU

Das klingt widersprüchlich - ist doch die Baustoffindustrie mit ihren energieintensiven Produktionsmethoden verantwortlich für die Freisetzung von großen Mengen CO2. Allein die internationale Zementindustrie produziert etwa 8% der globalen Treibgasemissionen.

Aber genau hier liegt natürlich auch das größte Potential für effektive Einsparungen im Bauwesen. Klimaschädliche Produktionsmethoden oder Baustoffe vermeiden oder - wo es möglich ist - durch klimafreundliche Alternativen ersetzen.

Der nachfolgende Beitrag beleuchtet diesen Ansatz genauer. Wir zeigen Möglichkeiten auf, die keinen Verzicht bedeuten müssen, sondern durchaus ein Gewinn für das Wohnklima und die Gesundheit sein können und vielleicht sogar zusätzlich Geld sparen.

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POTENTIALE finden

Das Thema CO2-Ausstoß durch uns Menschen und die damit verbundene Klimakrise sind mittlerweile in den Medien so präsent, dass andere Weltprobleme regelrecht in den Hintergrund rücken. Was den Grünen zu ganz neuer Popularität verholfen hat wird nun auch von (fast) allen anderen Parteien als Wählerstimmen-Potential erkannt: Es kommt Bewegung in die Sache.

Im Vordergrund stehen naturgemäß die Maßnahmenblöcke, die von uns direkt selbst beeinflusst werden können. Oder sollte man lieber sagen: Beeinflusst werden könnten? Umweltbewusste Entscheidungen in Bezug auf Kfz-Verkehr, Reisen, Geräte- und Gebäudeenergieverbrauch und andere Alltagsdinge. Der Bereich Bauen gehörte bisher nicht dazu. Und das überrascht: Fließen doch 50% aller in Deutschland genutzten Rohstoffe in den Bau von Gebäuden. Hier lohnt es sich also, genauer hinzusehen.

Wer produziert was?

Wer sind überhaupt größten CO2-Emittenten in Deutschland? Erstaunlich. Kein Tag vergeht, ohne das über das Thema gesprochen wird. Trotzdem – ich hätte es nicht gewusst.

Vielleicht würde man einen erheblichen Anteil beim Kfz-Verkehr vermuten, aufgrund des hohen Stellenwerts in der Berichterstattung und in den politischen Debatten. Da erstaunt es doch sehr, dass der Verkehr erst an dritter Stelle mit weniger als einem Fünftel am gesamten CO2-Ausstoß rangiert. Wie verteilen sich dann die anderen 80 Prozent?

Werfen wir einen Blick in den Statistiken des Bundesumweltamtes.


CO2 EMISSIONSQUELLEN DEUTSCHLAND

Quelle: Bundesumweltamt, Stand 2019

Platz 1 - DIE ENERGIEWIRTSCHAFT / Stromproduktion

Auf dem ersten Platz finden wir mit einem Riesenvorsprung die Energiewirtschaft mit 800 Mio. Tonnen CO2-Ausstoß, etwa 40 Prozent des Gesamtvolumens in Deutschland. Das liegt unter anderem daran, dass ein Großteil der Energie immer noch in Kohlekraftwerken erzeugt wird. Da in naher Zukunft markant mehr Energie für den steigenden Anteil der geplanten Elektromobilität bereitgestellt werden muss, wird sich im Segment der Stromproduktion der CO2-Ausstoß, nach einigen leicht rückläufigen Jahren, vermutlich wieder erhöhen. Das liegt unter anderem daran, dass der Ausbau der Windenergie durch baurechtliche Beschränkungen ins Stocken geraten ist. Ob dann rein batteriebetriebene Fahrzeuge im Hinblick auf eine CO2-Einsparung kurzfristig eine Lösung sein können, sollte in diesem Zusammenhang vielleicht noch mal kritisch hinterfragt werden. Aber das soll hier nicht unser Thema sein.

PLATZ 2 - DIE INDUSTRIE

Platz zwei mit etwas mehr als 20%, also nur etwa der Hälfte des Volumens der Energiewirtschaft belegt die Industrie. Die größten Emittenten sind hier die Stahl- und Zementindustrie sowie die Raffinerien und Chemiesparten. Also auch die Bereiche, die unter anderem wesentlich an der Baustoffherstellung beteiligt sind. Hier gibt es gute Ansatzpunkte, um effektiv CO2 einzusparen.

Platz 3 - Verkehr

Platz drei belegt mit etwas weniger als 20% der Verkehr - hierbei verursachen 95% davon PKW und LKW! Interessanterweise nehmen die Emissionen trotz effizienterer Motoren- und Abgastechnik über die Jahre kaum ab, da die Einsparungen durch schwerere, stärkere Fahrzeuge und längere Fahrstrecken wieder zunichte gemacht werden.

Der Anteil des Flugverkehrs mit „nur“ 2 Mio. Tonnen fällt hier rechnerisch kaum ins Gewicht. Aber zu früh gefreut - das Ergebnis ist wenig aussagekräftig, da nur der Flugverkehr innerhalb von Deutschland berücksichtigt wird. Landet das Flugzeug im Ausland, wird der Flug nicht hinzugerechnet. In Wirklichkeit liegen daher die Emissionen, die von uns bei Flugreisen verursacht werden, viel höher und sind in den letzten Jahren auch noch deutlich gestiegen.

Platz 4 - Gebäudebetrieb

Auf Platz vier und einem Sechstel CO2-Gesamtanteil landen die Emissionen für den Betrieb von Gebäuden, also im Wesentlichen die Gebäudebeheizung und -klimatisierung. Durch Modernisierung von Heizungsanlagen und bessere Wärmedämmung verringert sich dieser Anteil sukzessive Jahr für Jahr. Hier greifen die Wirkungsmechanismen von staatlichen Zuschüssen und steigenden Energiekosten.

Platz 5 - Landwirtschaft

Platz fünf belegt die Landwirtschaft, wobei sich hier die Fachleute streiten, wie die Emissionen bewertet werden sollen. Soll das durch Anpflanzungen gebundene CO2 gegengerechnet werden? Oder nicht?


Ansatzpunkte zum Sparen

Energetisch betrachtet sind beim Bauen hauptsächlich Platz 2 - die Industrie und Platz 4 - der Gebäudebetrieb beteiligt.

Da heutzutage alle Neubauten in Deutschland hohe Anforderungen an die wärmegedämmte Gebäudehülle und an die Gebäudetechnik erfüllen müssen, sind hier in Zukunft, anders als in der Altbaumodernisierung, keine wirklich großen technischen Fortschritte in Bezug auf CO2-Einsparung zu erwarten.

Es ist mittlerweile sogar so, dass an dem Tag, an dem man seinen Neubau bezieht, die Hälfte der Gesamt-Energiebilanz des Gebäudes bereits bei der Herstellung der Baustoffe verbraucht worden ist. Die andere Hälfte wird dann im Laufe der angenommenen Lebenszeit (50 Jahre) für den Betrieb benötigt. Dies betrifft den klassischen Massivbau, wie er heute bei uns in Deutschland (noch) die Regel ist.

Es geht auch anders!

Bei der Reduzierung dieser sogenannten „grauen Energie“, die bei der Herstellung von Gebäuden benötigt wird, gibt es reichlich Einsparpotential. Dabei ist es sogar möglich, nicht nur CO2 einzusparen, sondern bereits vorhandenes CO2 wieder der Atmosphäre zu entziehen.

der Atmosphäre CO2 entziehen - das wäre was

CO2 aus der Atmosphäre wieder entnehmen und so den ständig wachsenden, globalen Anstieg an schädlichen Klimagasen bremsen. Hier gibt bereits es die tollsten technischen Ideen. Von Maschinen, die das CO2 aus der Umgebungsluft filtern über Varianten, die elektronisch aus gesättigten Lösungen CO2 zu Kohle kristallisieren: Künstliche Blätter an künstlichen Bäumen. Es gibt nichts, was in der Not nicht denkbar wäre. Den meisten Ansätzen ist jedoch eines gemein: Es müssen große Mengen an Energie eingesetzt werden. Solange unsere Energie (noch?) nicht zu 100% regenerativ erzeugt werden kann, sind diese Ansätze sicherlich in großem Umfang nicht praktikabel. Aber warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

Die Low-Tech-Lösung

Seit hunderten Millionen Jahren arbeiten überall auf der Welt zuverlässig kleine Solarkraftwerke daran, CO2 aus der Luft zu extrahieren um daraus Sauerstoff und Glucose zu generieren. Und das alles ohne unser Zutun. Die Fauna der Erde, Bäume und Pflanzen.

Das Holz der Bäume - INNOVATIVER Baustoff der Zukunft

Holz besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff, was nichts anderes ist als das gebundene CO2. Ein Kubikmeter trockenes Holz enthält 250 kg Kohlenstoff, 215 kg Sauerstoff, 30 kg Wasserstoff und 5 kg verschiedener anderer Elemente.

Zusammensetzung von Holz

Kohlenstoff - gebundenes CO2

Die 250 kg Kohlenstoff in einem Kubikmeter Holz entsprechen knapp einer Tonne gebundenem CO2. Das bedeutet: Holz lebend als Wald oder getrocknet als Baustoff stellt einen enorm wirksamen, bedeutenden Kohlenstoff-Speicher dar.

Wenn dieses Holz verrottet oder verbrennt, gibt es genau die Menge an CO2 wieder an die Atmosphäre ab, die es vorher im Lebenszyklus gebunden hat. Die Verwendung gilt dann, z. B. als Brennstoff für die Gebäudeheizung CO2 neutral.

Besser noch: Trocken verbaut kann es das gebundene CO2 beliebig lange speichern. Diese wichtige Eigenschaft wird als Maßnahme zur Einhaltung der Klimaziele in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen. Wollen wir wetten?

Zudem würde dies den Bäumen einen neuen Stellenwert einräumen. Eine Vernichtung durch Brandrodung wäre undenkbare Verschwendung.


Massivbauweise vs. Holzbauweise

Wie enorm groß der Unterschied aus den oben aufgeführten Gründen zwischen einer konventionellen Massivbauweise, bei der Holz gerade mal als Schalung von Betonteilen oder Bodenbelag vorkommt und einer reinen Holzbauweise ausfällt, haben wir in einem direkten Vergleich zweier Gebäude mit je 100 Quadratmetern Wohnfläche untersucht. Dabei wurden Tragwerk (TW) und Wärmedämmung (WD) getrennt betrachtet.


Der Massivbau = CO2 Verursacher

Beim Massivbau unseres 100 m² Kandidaten entstehen bei der Produktion der beiden Haupt-Baustoffe Kalksandstein und Stahl-Beton rund 14.000 kg CO2-Äquivalent und für die Gebäudedämmung mit 260 mm Mineralwolle zusätzlich nochmal 9.500 kg.

Klimabilanz: 23.5 Tonnen CO2-Äquivalent.

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MASSIVBAU 100 m²

Tragwerk: Kalksandstein und Stahlbeton Bodenplatte / Decken

Wärmedämmung: Mineralwolle


Der Holzbau = CO2 Vernichter

Das exakt gleich große Gebäude erstellt mit dem Gebäudebaukasten [SI-MODULAR] in Holzständerbauweise auf einer Schraubpfahlgründung fungiert durch das verbaute Holz als CO2- Speicher.

Es kommt daher, selbst nach Abzug der aufgewendeten Energie für Produktion und Transport, immer noch auf eine Negativbilanz von 11.200 kg CO2-Äquvivalent.

Eine Einblasdämmung mit Holzfasern kann diesen Wert nochmals um etwa 4.300kg verbessern.

Zusammen also knapp 15,5 Tonnen CO2-Äquivalent, die nicht nur nicht freigesetzt, sondern der Atmosphäre durch das frühere Baumleben entzogen wurden.

C2.10 Dämmung_000.png

[SI-MODULAR] 100 m²

Tragwerk: Holzständerbauweise auf Schraubfundamenten

Wärmedämmung: Holzfaser-Einblasdämmung


Die Grafik verdeutlicht den gesamten Unterschied

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ERGEBNIS: Knapp 39 Tonnen CO2-Äquivalent können eingespart werden, wenn statt in Massivbauweise ein 100 m² großes Gebäude in Holzbauweise wie [SI-MODULAR] gebaut würde.

Das entspräche etwa neun Jahren Autofahren (mit durchschnittlich 6 Litern Verbrauch bei 15.000 Kilometer / Jahr). Und das bei einem kleinen Gebäude von „nur“ 100 m². Bei größeren Gebäuden sind die Auswirkungen natürlich viel gravierender.

Die gesamte Untersuchung kann hier eingesehen werden.


Fazit:

Auch wenn man in der Bauindustrie auf lange Sicht nicht komplett auf Beton und Stein verzichten können wird: Beim Hausbau muss es zu einer Neuorientierung kommen. Durch die vermehrte Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen wie Holz kann nicht nur CO2 eingespart werden, sondern darüber hinaus der CO2-Anteil in der Atmosphäre verringert werden.

Das Funktionieren dieses Kreislaufs setzt eine nachhaltige Forstwirtschaft voraus, bei der immer nur soviel Holz geerntet wird, wie gleichzeitig nachwächst. Diese Form der nachhaltige Forstwirtschaft wird bereits seit Jahrhunderten in Deutschland praktiziert.

Also. Was hält uns auf?

Grüße aus der SI-MODULAR Denkfabrik …

Ihr Hans-Ludwig Stell + Team


Zur Vertiefung dieses Themas empfehlen wir die Broschüre: Bauen mit Holz = aktiver Klimaschutz der technischen Universität München, Bereich Holzforschung, die das Thema informativ und sehr gut verständlich aufbereitet haben.


Weitere interessante Beiträge im Netz:

Deutschlandfunk Kultur: Stahl, Beton und Zement verschlingen Energie

Bayrischer Rundfunk : CO2 Quellen

Umweltbundesamt: Klimabilanz 2018